Holocaust Remembrance Day

von Ph. Müller

Gedenkfeier zum Internationalen „Holocaust Remembrance Day“ in Bern

„Eigentlich sollte man ja den guten Menschen kennen und nicht Hitler!“

Der internationale „Holocaust Remembrance Day“ wird jeweils am 27. Januar in unzähligen Staaten mit einer Gedenkfeier begangen. In diesem Jahr erreichte dieser spezielle Tag noch mehr Aufmerksamkeit, sind es doch genau 75 Jahre her, seit das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit worden ist. An der offiziellen Schweizer Gedenkveranstaltung in den Räumen des Konservatoriums in Bern hatten auch sechs ehemalige Schülerinnen und Schüler der Kreisschule Mittelgösgen einen wichtigen Auftritt.

Anlässlich des 3. Holocausttages an der Kreisschule Mittelgösgen von vergangenem Mai kam es zu einer eindrücklichen Begegnung zwischen der Referentin Agnes Hirschi und Jugendlichen. Agnes Hirschi ist die Stieftochter von Carl Lutz, welcher als Schweizerischer Vizekonsul in Ungarns Hauptstadt Budapest die Rettung mehrerer Zehntausend Juden verantwortete. Die Lebensgeschichte dieses Mannes, welcher in Zeiten höchster Not mit Menschlichkeit reagierte und seine Handlungsoptionen ausnutzte um Gutes zu tun, bewegte die Schülerinnen und Schüler sehr. In Dankesbriefen an Agnes Hirschi liessen sie ihren Gefühlen freien Lauf.

vlnr: Flavia Lüscher, Lara Lauber, Angela Jaun, Agnes Hirschi, Jaël Baumann, Adrian Soland und Luca Imperia  (©FotoGallo GmbH)

So äusserte sich Jaël Baumann mit den Worten: „Eigentlich sollte man ja den guten Menschen kennen und nicht Hitler!“, dies in Bezug darauf, dass alle Welt mit Hitler das personifizierte Böse kennt, aber einer positiven Persönlichkeit wir Carl Lutz viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. So stellte auch Angela Jaun treffend fest: „Es war schön zu hören, dass es Leute wie Ihren Stiefvater gab, die selbst in solch schlimmen Zeiten immer noch halfen und menschlich waren.“ Dass solche Begegnungen nachhaltig sind, brachte Lara Lauber auf den Punkt: „Ihre Geschichte hat mich sehr zum Nachdenken angeregt!“ Und Flavia Lüscher äusserte sich gar so: „Zu Hause habe ich versucht, noch weiter über Carl Lutz und die geretteten Menschen zu erfahren und ich versuche möglichst vielen Personen, die ich kenne, die Geschichte weiter zu erzählen.“ Adrian Soland bestärkte Agnes Hirschi in ihrer sehr fordernden Arbeit: „Ich finde es toll, dass Sie an so viele Orte gehen, um möglichst vielen Menschen die Geschichte von Carl Lutz näher zu bringen.“ Ähnlich und mit viel Empathie äusserte sich auch Luca Imperia: „Ich danke Ihnen, dass Sie solch persönliche Erlebnisse mit uns teilen, denn ich kann mir auch vorstellen, dass dies nicht sehr einfach für Sie war.“

Wer diese Zeilen liest, stellt fest, dass die ehemaligen Schülerinnen und Schüler von dieser Geschichte berührt wurden. Das Ziel der „Holocaust Education“ verfolgt genau diesen Zweck. Die aktuelle Schülergeneration ist wohl eine der letzten, welche sich mit lebenden Zeitzeugen auseinandersetzen kann. Diese Quelle wird naturgemäss versiegen, doch umso wichtiger ist es, dass es junge Botschafterinnen und Botschafter gibt, welche Zeugnis von diesen Geschichten ablegen können. Dies ist in Zeiten, wo Ausgrenzung in verschiedenen Bereichen immer noch an der Tagesordnung ist, umso wichtiger. Es bleibt zu hoffen, dass Menschen lernen, im richtigen Moment, wenn es die Situation erfordert, Zivilcourrage zu zeigen.

Eine gehörige Portion Mut bewiesen die jungen Erwachsenen an der bewegenden Veranstaltung zum „International Holocaust Remembrence Day“ in Bern beim Vortragen ihrer Briefe. In so einer erlauchten Gesellschaft, in Anwesenheit der Botschafter von Israel, den Vereinigten Staaten, Polen, Deutschland und Luxemburg, Österreich und Ungarn der Nationalratspräsidentin Isabelle Moret und mehreren Holocaust-Überlebenden war dies eine anspruchsvolle Aufgabe. Doch die Jugendlichen haben diese Aufgabe bravourös gelöst, haben diese würdige Feier bestens unterstützt und somit ihren Beitrag für eine wichtige Sache geleistet.

Interessierte beachten auch den unten angefügten Facebook-Post von Frau Gabriela Dömötör, Geschäftsführerin der Carl-Lutz-Gesellschaft.

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